GANZALLERLIEBST - Vom Mythos der Kurstadt Meran


Carmen Tartarotti über ihren Film

Der Name der Stadt Meran löst Assoziationen aus: Das Zusammentreffen von Schnee und Palmen, von rauer Gebirgswelt und meditteranem Klima umgibt Meran mit einem Flair, das seit 150 Jahren unverändert geblieben ist und sich beinahe ikonographisch in der Vorstellung der Urlauber festgesetzt hat. Die Bilder von Meran sind präsent, aber nicht lebendig. Wenn sich die Stadt nach Außen wendet, setzt sie diese Bilder ein, um für sich zu werben. In endlosen Hochglanzreproduktionen hat das innere Leben Merans einen Stillstand erfahren, was eigentlich ein Grund wäre, keinen Film über Meran zu machen. Da meine Biografie schon lange mit dieser Stadt verbunden ist, stellt es für mich einen besonderen Reiz dar, das Klischee zu hinterfragen und einen Blick dahinter zu werfen. Das Filmportrait der Stadt Meran besteht aus zwei Teilen:

Teil I (55 Minuten) 
„ganzallerliebst“. Vom Mythos der Kurstadt Meran zeigt die Entwicklung der Kurstadt von den Anfängen bis heute und nimmt auf all jene Bereiche Bezug, die das Wesen einer Kurstadt prägen: Die Stadtgärtnerei, das Kurorchester, die Hotellerie, die Gäste. Was interessiert, ist aber nicht „was einmal war“, sondern wie das, was einmal war, sein Dasein im Heute fristet. Die Widersprüche zwischen dem Gestern und dem Heute werden subtil ans Licht gebracht. Die Art und Weise, wie sich die Hauptdarstellerin, das ist die Stadt, im Versuch einer Selbstdefinition als Kurstadt heute der Öffentlichkeit präsentiert, erzeugt  unbeabsichtigt Bizarres. Und das Restaurative irritiert genauso, wie das Disparate der modernen Zeit.
 
Teil II (46 Minuten)
Franz Brusenbach. Der letzte Fiaker, porträtiert den letzten Fiakerbesitzer von Meran. Dieses Original, das mitten aus der hermetischen Welt seiner Vergangenheit heraus zu uns spricht, spannt den Bogen über drei Generationen und zeigt die Entwicklung des Fremdenverkehrs von seinem Blickwinkel aus. Franz Brusenbach ist stolzer Fiaker, der feine und prominente Herrschaften gefahren hat. Aber die Zeit hat ihn überholt. Sein reiches Wissen, seine Erfahrungen gehören bereits der Vergangenheit an. „Ist er einmal weg, kommt er nicht mehr wieder“. Er liebt seine Pferde und auch wenn seine Kutsche nur noch Souvenircharakter hat, sitzt er auf ihr in formvollendeter Profession. Ein lebendes Monument im Kaleidoskop des Stadtbildes.